Was könnte zu einer verbesserten, progressiven multilateralen Zusammenarbeit beitragen, um die in der Agenda 2030 proklamierten „Transformation unserer Welt“ voranzubringen?
Was Hunger und Armut unmittelbar(SDG 1, 2) angeht, wäre erstens die Empfehlung 202 der ILO zu sozialer Grundsicherung zu nennen, die 2012 verabschiedet wurde und auch Eingang in die Agenda 2030 gefunden hat. Für ihre Umsetzung macht sich die Global Coalition for Social Protection Floors (GCSPF) stark, die von über 100 NGOs und Gewerkschaften getragen wird. Sie fordert u.a. die Einrichtung eines globalen Fonds, aus dem Sozialtransfers in den einkommensärmsten Ländern finanziert werden sollen. Im Zuge der COVID-19-Pandemie ist vielerorts ein exponentielles Wachstum von – befristeten – Sozialtransfers zu konstatieren. Diese gilt es nun zu verstetigen. Sozialtransfers können die akute Armuts- und Hungersituation lindern. Sie bringen aber keine strukturelle Veränderung.
Deswegen braucht es zweitens die Durch- und Umsetzung von guten Arbeitsbedingungen (decent work; SDG 8). Die Unwucht zwischen Arbeits- und Kapitaleinkommen müsste überwunden werden. Dazu müssen alle Menschenrechtskonventionen und zumindest die ILO-Kernarbeits- normen in allen Ländern verabschiedet, umgesetzt und kontrolliert werden. Wichtig wäre auch die Umsetzung der ILO-Konvention zu Heimarbeit, die die Rechte von Beschäftigten in lokalen und globalen Lieferketten regelt. Um der kapitalistischen Globalisierung entgegenzuwirken, wäre zudem von zentraler Bedeutung ein internationales Abkommen über Wirtschaft und Menschenrechte (Treaty), das Regierungen verpflichtet sicherzustellen, dass alle Unternehmen die Menschenrechte sowie die Kernarbeits- und Umweltstandards einhalten. Ein Zwischenschritt wären Lieferkettengesetze auf nationaler und regionaler Ebene.
Um eine bessere Sozialpolitik, eine effektive Klima- und Umweltpolitik (SDG 12-15) inklusive eines sozialgerechten Strukturwandels (just transition) und ein adäquat finanziertes, nur den Normen verpflichtetes UN-System zu ermöglichen (SDG 16, 17), braucht es drittens eine andere globale Finanzpolitik. Dazu müssten illegale Kapitalabflüsse geahndet und eine transparente, progressive Steuerpolitik national wie international ermöglicht werden. Ein wichtiger Schritt auf multilateraler Ebene wäre die Einrichtung einer zwischenstaatlichen Steuerkommission unter dem Dach der Vereinten Nationen.
Weiterlesen: Baustellen des Multilateralismus mit Beiträgen von Marianne Beisheim, Bodo Ellmers, Felicitas Fritzsche, Gabriele Köhler, Jens Martens, Tove Maria Ryding und Silke Weinlich
Progressiver Multilateralismus: Die Kluft zwischen normativem Anspruch und realpolitischer Wirklichkeit
Gabriele Köhler
Was könnte zu einer verbesserten, progressiven multilateralen Zusammenarbeit beitragen, um die in der Agenda 2030 proklamierten „Transformation unserer Welt“ voranzubringen?
Was Hunger und Armut unmittelbar(SDG 1, 2) angeht, wäre erstens die Empfehlung 202 der ILO zu sozialer Grundsicherung zu nennen, die 2012 verabschiedet wurde und auch Eingang in die Agenda 2030 gefunden hat. Für ihre Umsetzung macht sich die Global Coalition for Social Protection Floors (GCSPF) stark, die von über 100 NGOs und Gewerkschaften getragen wird. Sie fordert u.a. die Einrichtung eines globalen Fonds, aus dem Sozialtransfers in den einkommensärmsten Ländern finanziert werden sollen. Im Zuge der COVID-19-Pandemie ist vielerorts ein exponentielles Wachstum von – befristeten – Sozialtransfers zu konstatieren. Diese gilt es nun zu verstetigen. Sozialtransfers können die akute Armuts- und Hungersituation lindern. Sie bringen aber keine strukturelle Veränderung.
Deswegen braucht es zweitens die Durch- und Umsetzung von guten Arbeitsbedingungen (decent work; SDG 8). Die Unwucht zwischen Arbeits- und Kapitaleinkommen müsste überwunden werden. Dazu müssen alle Menschenrechtskonventionen und zumindest die ILO-Kernarbeits- normen in allen Ländern verabschiedet, umgesetzt und kontrolliert werden. Wichtig wäre auch die Umsetzung der ILO-Konvention zu Heimarbeit, die die Rechte von Beschäftigten in lokalen und globalen Lieferketten regelt. Um der kapitalistischen Globalisierung entgegenzuwirken, wäre zudem von zentraler Bedeutung ein internationales Abkommen über Wirtschaft und Menschenrechte (Treaty), das Regierungen verpflichtet sicherzustellen, dass alle Unternehmen die Menschenrechte sowie die Kernarbeits- und Umweltstandards einhalten. Ein Zwischenschritt wären Lieferkettengesetze auf nationaler und regionaler Ebene.
Um eine bessere Sozialpolitik, eine effektive Klima- und Umweltpolitik (SDG 12-15) inklusive eines sozialgerechten Strukturwandels (just transition) und ein adäquat finanziertes, nur den Normen verpflichtetes UN-System zu ermöglichen (SDG 16, 17), braucht es drittens eine andere globale Finanzpolitik. Dazu müssten illegale Kapitalabflüsse geahndet und eine transparente, progressive Steuerpolitik national wie international ermöglicht werden. Ein wichtiger Schritt auf multilateraler Ebene wäre die Einrichtung einer zwischenstaatlichen Steuerkommission unter dem Dach der Vereinten Nationen.
Weiterlesen: Baustellen des Multilateralismus mit Beiträgen von Marianne Beisheim, Bodo Ellmers, Felicitas Fritzsche, Gabriele Köhler, Jens Martens, Tove Maria Ryding und Silke Weinlich
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