Diese Woche gibt es viele Ansätze zu Konjunkturprogrammen. Ein guter Bezugspunkt dafür könnten die Agenda 2030 der UNO mit ihren 17 Nachhaltigkeitszielen (SDGs) sein, die sich auch in der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie wiederspiegeln.
Was die globale Situation angeht, treffen sich die UN-Mitgliedsländer alljährlich zu einem hochrangigen politischen Forum (englisch „HLPF“), um Erfolge anzuerkennen und Misserfolge zu analysieren. Aufgrund der Pandemie befasst sich das HLPF im Juli 2020 mit den Auswirkungen von COVID-19. Eine Chance, dass die UN-Mitgliedsstaaten – auch Deutschland – die 2030 Agenda als Leitfaden aufgreifen für eine weltweite Transformation.
In den ersten Wochen der Pandemie stellte der VN-Generalsekretär Antonio Guterres wenig Bezug her zur 2030 Agenda. Das hat sich inzwischen korrigiert. Zu Recht. Die 17 Ziele sind als Meßlatte relevant, und könnten so etwas wie einen Leitfaden geben für eine transformative „post-Corona“-Erholung.
Die SDGs als Meßlatte
Ganz zu Anfang der Pandemie hieß es in vielen Medien, das Virus mache keine Unterschiede. Inzwischen ist es jedoch überdeutlich geworden: das Virus hat wie durch ein Brennglas die enormen strukturellen Ungleichheiten bloßlegt. Es hat uns allen bewusstgemacht, wie die soziale und ökonomische Verortung jeder einzelnen Person, jedes Haushalts und jeder Nation auschlaggebend sind für Gesundheit, für den Zugang zu Einkommen, und für den Druck in der Sorgeökonomie.
Klar wurde durch die Pandemiekrise sehr schnell, was Jahrzehnte der Austeritätspolitik angerichtet haben: die Gesundheitsversorgung für die wichtigsten vermeidbaren Krankheiten, und die Vorsorge für Katastrophen oder Pandemien, sind ausgehöhlt. Daher die Aufrufe, die Ansteckungskurve flach zu halten, nötig, um das Gesundheitssystem nicht zu überfordern.
In vielen Ländern befällt das Virus überproportional Menschen, die in Armut leben, permanent unter- oder fehlernährt sind, oder als Minderheit strukturelle Diskriminierung erleben. Die sozialen Determinanten der Gesundheit sind offensichtlich geworden.
Auch die Politikmaßnahmen, die zur Pandemieeindämmung verabschiedet wurden, treffen uns unterschiedlich, je nach Beruf, sozialer Klasse, Geschlecht, Standort. Mittelschichtler*Innen mit gesichertem Einkommen, Ersparnissen, Wohnung und Internetzugang, kommen in Nord wie Süd mit Lockdowns oder Ausgangsbeschränkungen besser zurecht. Genderpolitisch sind aber schon die Schulschließungen selbst für privilegierte Familien eine Herausforderung, weil die Sorgeökonomie Frauensache geblieben ist.
Bei einkommensschwachen Gruppen bedrohten die Lockdowns von Anbeginn an in vielen Ländern die schiere Existenz. 70% der Weltbevölkerung haben bekanntlich keine soziale Sicherung. Nur in manchen Ländern werden Arbeitslosigkeit und Armut abgefedert durch Sozialtransfers oder, für Kinder, durch Schulspeiseprogramme. In den USA, auch in der Schweiz stehen Arbeitslose, die nicht sozialversichert sind, um Essenspakete an. Im globalen Süden verlieren Hunderttausende ArbeiterInnen in den globalen Textillieferketten ihren Arbeitsplatz. Die 2 Milliarden Beschäftigten im informellen Sektor haben bereits 60% ihres Einkommens eingebüßt. In einkommensarmen Ländern steigen die Preise für Grundnahrungsmittel, und der prekäre Wohnort wird Slumbewohnern plötzlich ganz verwehrt. Laut Schätzungen des Welternährungsprogramms könnten bis Jahresende 1 Milliarde Menschen von Hungersnöten betroffen sein.
Mit diesen verheerenden Ausschlägen wird die Erreichung der „sozialpolitischen“ SDGs 1-8 – insbesondere Armut, Hunger, Gesundheit, Bildung, Geschlechtergleichheit – um Jahre zurückgeworfen.
Außerdem hat die Krise patriarchalische, autoritäre und nationalistische Tendenzen befördert. Die Lockdowns boten zunächst keine Zuflucht für Frauen und Kinder an, die häuslicher Gewalt ausgeliefert sind. Grenzen wurden ohne Vorankündigung geschlossen, was für Grenzgänger und Migrant*innen verheerend ist. Zivilrechte wurden gestrichen – konnten allerding in manchen Ländern durch Gerichtsbeschlüsse wiederhergestellt werden. Das heißt, dass SDG 5 und auch SDG 16 massiv zurückgeworfen wurden. SDG 10 – weniger Ungleichheiten – wirkt wie verhöhnt: auf allen Ebenen, in allen Lebensbereichen, hat sich die Ungleichheit verschärft.
Diese massiven Rückschläge kann der HLPF mit Besorgnis und Kritik konstatieren. Bereits 2019 hatte der Generalsekretär in einem düsteren Bericht gezeigt, wie gefährdet die Erreichung der meisten SDGs schon ohne Pandemie gewesen war. Hinzukommen der VN-Update zum HLPF über die Rückschläge bei vielen SDGs infolge der Pandemie wie auch Handlungsanleitungen. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten ist der Index menschlicher Entwicklung rückläufig.
Die Relevanz der Agenda 2030 als Leitfaden
Aber was kann der HLPF dagegenhalten? Er könnte sich auf die Ganzheitlichkeit der Agenda 2030 berufen und vor allem auf ihren Transformationsanspruch, und sie zum Leitfaden für den post-Corona-Aufbau erklären. Ein kohärentes, gerechtes und nachhaltiges Wirtschafts- und sozialpolitisches Maßnahmenpaket zu entwerfen ist insofern dringend, als viele Länder und internationale Geberorganisationen derzeit Konjunkturprogramme mit massiven Finanzmitteln auflegen. Derzeitig versuchen viele Wirtschaftslobbies, Klima- und Umweltpolitik zu vertagen und aus Konjunkturpaketen herauszufiltern. Die Agenda 2030 bietet eine progressive Alternative an.
Normatives Kernstück der Agenda 2030 sind schließlich die Menschenrechte und der Gerechtigkeitsgedanke.
Das betont die zu selten zitierte Präambel, und die 17 Zielvorgaben drücken diesen Anspruch explizit, oder zumindest implizit, aus. Das Versprechen, Ungleichheiten überwinden, müsste zur Hauptlosung einer neuen Politik werden. Dazu gehört unmittelbar auch Geschlechtergerechtigkeit – die vielschichtig intersektional verstanden werden muss. Es geht nicht lediglich darum, die Wirtschaft „besser“ anzukurbeln, sondern vor allem menschenrechtskonform und klimagerecht.
Operativ zentral in der Agenda ist die Überwindung von Armut und die Bedeutung von menschenwürdiger Arbeit; diese Ziele könnten den Kern einer Wiederaufbaupolitik ausmachen, denn sie strahlen auf alle anderen Lebensbereiche aus. Dazu müssten jetzt Lieferkettengesetze und das Verbindliche Abkommen über Wirtschaft und Menschenrechte verabschiedet werden. Soziale Sicherung, wie immerhin in 5 der Unterzielen angemahnt, muss endlich ein Allgemeingut werden. Dass inzwischen an die 180 Länder pandemie-bezogene Sozialtransferprogramme einführen, ist ein Schritt, der verstetigt werden muss.
Auch die verbrieften Rechte auf Gesundheitsversorgung und Bildung, sauberes Trinkwasser und Sanitäreinrichtungen müssen eingelöst werden, primär als öffentliche Güter organisiert, auch was Impfstoffe angeht. Laut SDG 7 soll Energieversorgung für alle gesichert werden, aber bislang haben eine Milliarden Menschen im globalen Süden keinen Zugang zu Strom; weniger bewusst ist, dass auch in Deutschland 300 000 Haushaltejährlich den Strom gesperrt bekommen. Dies wirkt sich wiederum direkt auf Arbeit, Bildung, und Gesundheit aus.
SDGs 12 bis 15 – zu Nachhaltigkeit in Konsum und Produktion, zu Klimaschutz, und zum Leben unter Wasser und an Land – geben Leitplanken, dem Klimawandel und der Umweltzerstörung Einhalt zu gebieten, geknüpft an das Pariser Klimaabkommen. Es gibt konkrete Politikvorschläge zur radikalen Senkung der Treibhausgasemissionen, dem Ausbau der erneuerbaren Energie oder einer anderen Mobilität. Was die 2030 Agenda bietet, ist die systematische Verknüpfung von sozio-ökonomischen mit klima- und umweltpolitischen Zielen. Die vermeintlichen Zielkonflikte zwischen Ökologie und sozialer Gerechtigkeit müssen an der Wurzel angepackt werden müssen – wir brauchen eine gerechte Nachhaltigkeit.
Dazu gehört auch, dass Hauptbetroffene der Krise wie die 200 Millionen Migrant*Innen und 70 Millionen Geflüchtete einbezogen werden; dazu müssen das Migrations– und das Flüchtlingsübereinkommen mit der Agenda 2030 verknüpft werden.
Die VN-Mitgliedsstaaten könnten also die 2030 Agenda neu lesen und als normatives und operatives Ganzes aufgreifen. Das gleiche gilt auch „daheim“. Für die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie, die zur Zeit aufgearbeitet wird, könnten diese Überlegungen helfen. Viele positive Vorschläge kommen aus dem Umweltministerium und aus dem Rat für Nachhaltige Entwicklung. Wichtig wird nun eine breite Beteiligung aller Bürger*innen sein. Denn:
Ein Aufruf an die HLPF-Teilnehmenden: sich der Transformation stellenEine elementare Unzulänglichkeit der Agenda ist, dass sie die Systemfrage ausklammert. Es wurde in den letzten Monaten überdeutlich, wie die derzeitige Verfassung des Wirtschaftssystems strukturell und systematisch enorme Ungleichheiten schafft. Ein sinnvolles Erholungsprogramm muss daher Maßnahmen einschließen, den entfesselten Kapitalismus einzuhegen, so dass das Wohlergehen von Mensch und Natur im Mittelpunkt stehen. Hier könnten die HLPF-Teilnehmenden sich neu besinnen und die versprochene Transformation einläuten. Und diese Diskussion muss auch in Deutschland stattfinden
Like this:
Like Loading...
Pandemie-Folgen: Wie geht es jetzt weiter und wieder aufwärts?
Diese Woche gibt es viele Ansätze zu Konjunkturprogrammen. Ein guter Bezugspunkt dafür könnten die Agenda 2030 der UNO mit ihren 17 Nachhaltigkeitszielen (SDGs) sein, die sich auch in der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie wiederspiegeln.
Was die globale Situation angeht, treffen sich die UN-Mitgliedsländer alljährlich zu einem hochrangigen politischen Forum (englisch „HLPF“), um Erfolge anzuerkennen und Misserfolge zu analysieren. Aufgrund der Pandemie befasst sich das HLPF im Juli 2020 mit den Auswirkungen von COVID-19. Eine Chance, dass die UN-Mitgliedsstaaten – auch Deutschland – die 2030 Agenda als Leitfaden aufgreifen für eine weltweite Transformation.
In den ersten Wochen der Pandemie stellte der VN-Generalsekretär Antonio Guterres wenig Bezug her zur 2030 Agenda. Das hat sich inzwischen korrigiert. Zu Recht. Die 17 Ziele sind als Meßlatte relevant, und könnten so etwas wie einen Leitfaden geben für eine transformative „post-Corona“-Erholung.
Die SDGs als Meßlatte
Ganz zu Anfang der Pandemie hieß es in vielen Medien, das Virus mache keine Unterschiede. Inzwischen ist es jedoch überdeutlich geworden: das Virus hat wie durch ein Brennglas die enormen strukturellen Ungleichheiten bloßlegt. Es hat uns allen bewusstgemacht, wie die soziale und ökonomische Verortung jeder einzelnen Person, jedes Haushalts und jeder Nation auschlaggebend sind für Gesundheit, für den Zugang zu Einkommen, und für den Druck in der Sorgeökonomie.
Klar wurde durch die Pandemiekrise sehr schnell, was Jahrzehnte der Austeritätspolitik angerichtet haben: die Gesundheitsversorgung für die wichtigsten vermeidbaren Krankheiten, und die Vorsorge für Katastrophen oder Pandemien, sind ausgehöhlt. Daher die Aufrufe, die Ansteckungskurve flach zu halten, nötig, um das Gesundheitssystem nicht zu überfordern.
In vielen Ländern befällt das Virus überproportional Menschen, die in Armut leben, permanent unter- oder fehlernährt sind, oder als Minderheit strukturelle Diskriminierung erleben. Die sozialen Determinanten der Gesundheit sind offensichtlich geworden.
Auch die Politikmaßnahmen, die zur Pandemieeindämmung verabschiedet wurden, treffen uns unterschiedlich, je nach Beruf, sozialer Klasse, Geschlecht, Standort. Mittelschichtler*Innen mit gesichertem Einkommen, Ersparnissen, Wohnung und Internetzugang, kommen in Nord wie Süd mit Lockdowns oder Ausgangsbeschränkungen besser zurecht. Genderpolitisch sind aber schon die Schulschließungen selbst für privilegierte Familien eine Herausforderung, weil die Sorgeökonomie Frauensache geblieben ist.
Bei einkommensschwachen Gruppen bedrohten die Lockdowns von Anbeginn an in vielen Ländern die schiere Existenz. 70% der Weltbevölkerung haben bekanntlich keine soziale Sicherung. Nur in manchen Ländern werden Arbeitslosigkeit und Armut abgefedert durch Sozialtransfers oder, für Kinder, durch Schulspeiseprogramme. In den USA, auch in der Schweiz stehen Arbeitslose, die nicht sozialversichert sind, um Essenspakete an. Im globalen Süden verlieren Hunderttausende ArbeiterInnen in den globalen Textillieferketten ihren Arbeitsplatz. Die 2 Milliarden Beschäftigten im informellen Sektor haben bereits 60% ihres Einkommens eingebüßt. In einkommensarmen Ländern steigen die Preise für Grundnahrungsmittel, und der prekäre Wohnort wird Slumbewohnern plötzlich ganz verwehrt. Laut Schätzungen des Welternährungsprogramms könnten bis Jahresende 1 Milliarde Menschen von Hungersnöten betroffen sein.
Mit diesen verheerenden Ausschlägen wird die Erreichung der „sozialpolitischen“ SDGs 1-8 – insbesondere Armut, Hunger, Gesundheit, Bildung, Geschlechtergleichheit – um Jahre zurückgeworfen.
Außerdem hat die Krise patriarchalische, autoritäre und nationalistische Tendenzen befördert. Die Lockdowns boten zunächst keine Zuflucht für Frauen und Kinder an, die häuslicher Gewalt ausgeliefert sind. Grenzen wurden ohne Vorankündigung geschlossen, was für Grenzgänger und Migrant*innen verheerend ist. Zivilrechte wurden gestrichen – konnten allerding in manchen Ländern durch Gerichtsbeschlüsse wiederhergestellt werden. Das heißt, dass SDG 5 und auch SDG 16 massiv zurückgeworfen wurden. SDG 10 – weniger Ungleichheiten – wirkt wie verhöhnt: auf allen Ebenen, in allen Lebensbereichen, hat sich die Ungleichheit verschärft.
Diese massiven Rückschläge kann der HLPF mit Besorgnis und Kritik konstatieren. Bereits 2019 hatte der Generalsekretär in einem düsteren Bericht gezeigt, wie gefährdet die Erreichung der meisten SDGs schon ohne Pandemie gewesen war. Hinzukommen der VN-Update zum HLPF über die Rückschläge bei vielen SDGs infolge der Pandemie wie auch Handlungsanleitungen. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten ist der Index menschlicher Entwicklung rückläufig.
Die Relevanz der Agenda 2030 als Leitfaden
Aber was kann der HLPF dagegenhalten? Er könnte sich auf die Ganzheitlichkeit der Agenda 2030 berufen und vor allem auf ihren Transformationsanspruch, und sie zum Leitfaden für den post-Corona-Aufbau erklären. Ein kohärentes, gerechtes und nachhaltiges Wirtschafts- und sozialpolitisches Maßnahmenpaket zu entwerfen ist insofern dringend, als viele Länder und internationale Geberorganisationen derzeit Konjunkturprogramme mit massiven Finanzmitteln auflegen. Derzeitig versuchen viele Wirtschaftslobbies, Klima- und Umweltpolitik zu vertagen und aus Konjunkturpaketen herauszufiltern. Die Agenda 2030 bietet eine progressive Alternative an.
Normatives Kernstück der Agenda 2030 sind schließlich die Menschenrechte und der Gerechtigkeitsgedanke.
Das betont die zu selten zitierte Präambel, und die 17 Zielvorgaben drücken diesen Anspruch explizit, oder zumindest implizit, aus. Das Versprechen, Ungleichheiten überwinden, müsste zur Hauptlosung einer neuen Politik werden. Dazu gehört unmittelbar auch Geschlechtergerechtigkeit – die vielschichtig intersektional verstanden werden muss. Es geht nicht lediglich darum, die Wirtschaft „besser“ anzukurbeln, sondern vor allem menschenrechtskonform und klimagerecht.
Operativ zentral in der Agenda ist die Überwindung von Armut und die Bedeutung von menschenwürdiger Arbeit; diese Ziele könnten den Kern einer Wiederaufbaupolitik ausmachen, denn sie strahlen auf alle anderen Lebensbereiche aus. Dazu müssten jetzt Lieferkettengesetze und das Verbindliche Abkommen über Wirtschaft und Menschenrechte verabschiedet werden. Soziale Sicherung, wie immerhin in 5 der Unterzielen angemahnt, muss endlich ein Allgemeingut werden. Dass inzwischen an die 180 Länder pandemie-bezogene Sozialtransferprogramme einführen, ist ein Schritt, der verstetigt werden muss.
Auch die verbrieften Rechte auf Gesundheitsversorgung und Bildung, sauberes Trinkwasser und Sanitäreinrichtungen müssen eingelöst werden, primär als öffentliche Güter organisiert, auch was Impfstoffe angeht. Laut SDG 7 soll Energieversorgung für alle gesichert werden, aber bislang haben eine Milliarden Menschen im globalen Süden keinen Zugang zu Strom; weniger bewusst ist, dass auch in Deutschland 300 000 Haushaltejährlich den Strom gesperrt bekommen. Dies wirkt sich wiederum direkt auf Arbeit, Bildung, und Gesundheit aus.
SDGs 12 bis 15 – zu Nachhaltigkeit in Konsum und Produktion, zu Klimaschutz, und zum Leben unter Wasser und an Land – geben Leitplanken, dem Klimawandel und der Umweltzerstörung Einhalt zu gebieten, geknüpft an das Pariser Klimaabkommen. Es gibt konkrete Politikvorschläge zur radikalen Senkung der Treibhausgasemissionen, dem Ausbau der erneuerbaren Energie oder einer anderen Mobilität. Was die 2030 Agenda bietet, ist die systematische Verknüpfung von sozio-ökonomischen mit klima- und umweltpolitischen Zielen. Die vermeintlichen Zielkonflikte zwischen Ökologie und sozialer Gerechtigkeit müssen an der Wurzel angepackt werden müssen – wir brauchen eine gerechte Nachhaltigkeit.
Dazu gehört auch, dass Hauptbetroffene der Krise wie die 200 Millionen Migrant*Innen und 70 Millionen Geflüchtete einbezogen werden; dazu müssen das Migrations– und das Flüchtlingsübereinkommen mit der Agenda 2030 verknüpft werden.
Die VN-Mitgliedsstaaten könnten also die 2030 Agenda neu lesen und als normatives und operatives Ganzes aufgreifen. Das gleiche gilt auch „daheim“. Für die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie, die zur Zeit aufgearbeitet wird, könnten diese Überlegungen helfen. Viele positive Vorschläge kommen aus dem Umweltministerium und aus dem Rat für Nachhaltige Entwicklung. Wichtig wird nun eine breite Beteiligung aller Bürger*innen sein. Denn:
Ein Aufruf an die HLPF-Teilnehmenden: sich der Transformation stellenEine elementare Unzulänglichkeit der Agenda ist, dass sie die Systemfrage ausklammert. Es wurde in den letzten Monaten überdeutlich, wie die derzeitige Verfassung des Wirtschaftssystems strukturell und systematisch enorme Ungleichheiten schafft. Ein sinnvolles Erholungsprogramm muss daher Maßnahmen einschließen, den entfesselten Kapitalismus einzuhegen, so dass das Wohlergehen von Mensch und Natur im Mittelpunkt stehen. Hier könnten die HLPF-Teilnehmenden sich neu besinnen und die versprochene Transformation einläuten. Und diese Diskussion muss auch in Deutschland stattfinden
Share this:
Like this: